Durch die Fusion von Raiffeisen-Volksbank Aschaffenburg und Frankfurter Volksbank Rhein/Main wird die Nummer 1 unter den deutschen Volksbanken entstehen. Aber ist Größe so wichtig? Momente hat bei den beiden Chefs nachgehakt.
Momente: Herr Jäger, was hat Sie als Vorstandssprecher und Ihr Vorstandsteam bewogen, in der Frankfurter Volksbank Rhein/Main einen Partner für die Zukunft zu sehen?
Claus Jäger: Unsere Kollegen in Frankfurt sind bei den Zukunftsthemen – also dem zunehmend digitaler werdenden Kundengeschäft, bei den Angeboten zur Nachhaltigkeit oder der Attraktivität der Standorte – sehr weit vorne. Das sind starke Argumente für einen gemeinsamen Weg in eine erfolgreiche Zukunft.
Momente: Frau Wunsch-Weber…
Eva Wunsch-Weber: Es entsteht ein regionales Powerhaus. Mit der Raiffeisen-Volksbank Aschaffenburg in der dynamisch wachsenden Region Bayerischer Untermain gewinnen wir eine überzeugend gute Wettbewerbsposition hinzu. Das ermöglicht es uns, auch in dieser Region auf dem analogen und digitalen Weg weiter zu wachsen.
Momente: … gemessen an der Bilanzsumme und der Mitgliederzahl setzt sich die Frankfurter Volksbank Rhein/Main an die Spitze des Rankings und wird die Nummer 1 unter Deutschlands Volksbanken.
Wunsch-Weber: Darum geht es uns nicht: Um die künftigen Herausforderungen – Claus Jäger hat es gerade bereits angesprochen – stemmen zu können, brauchen wir Leistungskraft auf vielen Feldern. Das hat mit der Bilanzsumme erst mal wenig zu tun. Und wir werden weitere Konsolidierungen im Verbund sehen. Deshalb ist das mit der Nummer 1 vielleicht auch nur temporär.
Momente: Sie haben nur wenige Monate über das Zusammengehen verhandelt. Herrschte so viel Einigkeit?
Jäger: Beim Schafkopf heißt es: Ober schlägt Unter. Das war bei unseren Gesprächen nie ein Thema. Es ging nie um Größe, nie um das „Wer ist in seinem Markt erfolgreicher“. Die Gespräche waren immer von Vertrauen und Respekt geprägt. Und von dem gemeinsamen Ziel: gemeinsam als Partner in eine erfolgreiche Zukunft, so wie es auch über dem Kooperationsvertrag steht.
Wunsch-Weber: Wir werden von Anfang an sehr viel Wert auf das Gemeinsame, auf das Wir legen. Deshalb gibt es einen Kooperationsausschuss und eine ganze Reihe von Projektteams, die zusammen das Zusammengehen und Zusammenwachsen gestalten werden.
Momente: Herr Jäger, wenn Sie in drei Sätzen die Raiffeisen-Volksbank Aschaffenburg beschreiben sollten, was wären diese drei Charaktereigenschaften?
Jäger: Wir haben ein tolles Team – eine gute Mischung aus Erfahrung und Mut, Neues zu probieren. Wir haben viele Kunden, die wir schon seit Generationen begleiten und mit denen wir eine wirkliche Vertrauenspartnerschaft entwickelt haben. Unser Geschäftsmodell ist robust. Unsere Ertragskraft ist solide. Wir lieben unsere Heimat – den Bayerischen Untermain, eine prosperierende Region. Und trinken gerne eine Halbe Bier.
Momente: Zunächst gibt es ja nur einen Kooperationsvertrag. Wann wird die Fusion dann final beschlossen? Und woran könnte das Vorhaben noch scheitern?
Wunsch-Weber: Hochmut kommt vor dem Fall, sagt ein Sprichwort. Wir haben in den vergangenen Jahren 21 Fusionen erfolgreich gemeistert. Diese Fusion mit der Raiffeisen-Volksbank Aschaffenburg ist etwas Besonderes. Es ist ein großes Haus und liegt von Hessen aus gesehen, hinter der Landesgrenze – nämlich in Bayern. Aber im Ernst: Als Vorstände sind wir uns einig, dass eine gemeinsame Zukunft auch eine erfolgreiche gemeinsame Zukunft sein wird. Strategisch, inhaltlich, selbst von der Wirtschaftsstruktur und dem dynamischen Wachstum in beiden Regionen können wir nur profitieren. Jetzt geht es darum, die Kulturen beider Häuser übereinander zu bringen und vorurteilsfrei immer das Bessere umzusetzen.
Jäger: Beschließen sollen die Fusion unsere jeweiligen Vertreterversammlungen im Frühjahr kommenden Jahres.
Momente: Der Name Raiffeisen-Volksbank Aschaffenburg…
Jäger: Bleibt bestehen.
Wunsch-Weber: Wir verfolgen seit vielen Jahren eine Multi-Regionen-Strategie. Das hat sich sehr bewährt. Es gibt also keinen Grund, an diesem Prinzip zu rütteln. Viele Regionalmärkte mit einem individuellen Marktauftritt unter dem Dach der Frankfurter Volksbank Rhein/Main.
Momente: Wird es dann auch die erfolgreichen Filialen der Zukunft am Bayerischen Untermain geben?
Jäger: Gewiss. Wir eruieren derzeit, welche Standorte in Frage kommen.
Momente: Was wird sich für die Kunden ändern?
Wunsch-Weber: Erst mal wenig bis gar nichts. Mittel- bis langfristig werden unsere Kunden aber von der bereits angesprochenen Leistungsfähigkeit profitieren. Die Zukunft verlangt von uns Banken erhebliche Investitionen in neue Technologien. Zudem brauchen wir auch Kapitalkraft, damit wir unsere Kunden auch beim Zukunftsthema Nummer 1 „Nachhaltig leben, arbeiten und wirtschaften“ unterstützen können. Ich sehe in der Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft die wohlmöglich massivste Veränderung seit Jahrzehnten. Vielleicht sogar in der Geschichte der Industrie. Das erfordert eine Menge Geld, das erfordert viel Beratung und Knowhow. Das wollen und werden wir liefern.
Jäger: Ich würde Ihre Frage gerne umdrehen. Was würde passieren, wenn wir diesen für uns alle wichtigen strategischen und erfolgskritischen Weg nicht gehen würden? Unsere Kunden bekämen keine moderne und auf die individuellen Kundenbedürfnisse zugeschnittene App. Sie würden nicht das überzeugende Konzept der „Filialen der Zukunft“ – über das die FAZ schrieb „eine Filiale wie ein Apple-Store“ – kennen und erleben dürfen. Zudem würden sie auch nicht auf das imposante Netzwerk aus Nachhaltigkeitsexperten zurückgreifen können. Das sind nur drei Beispiele von vielen, warum gerade und vor allem unsere Kundinnen und Kunden von dieser Fusion profitieren. Es ist ein perfekter Fit.